Presseberichte Electronic Circus 2018

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Ausführliche Berichte gibt es im empulsiv-EM Webzine von Alfred Arnold und von Stephan Schelle und dem Musikzirkus-Magazin.. Dafür ganz lieben Dank !!!! Hier die Links zu den beiden Berichten:

1.

http://www.musikzirkus-magazin.de/dateien/Pages/Konzerte/elektronik/electronic_circus_2018.htm

2.

https://www.empulsiv.de/berichte/632-der-zirkus-der-ueberraschungen

Hier der Text im Original vom „empulsiv EM-Electronic Music Webzine“

Herbstzeit ist Zirkuszeit, besonders wenn es um elektronische Musik geht, denn Ende September oder Anfang Oktober öffnet der der Electronic Circus seine Pforten. Seit ein paar Jahren hat er seine Zelte in Detmold aufgeschlagen, genauer gesagt im Detmolder Sommertheater, das direkt neben der Musikhochschule liegt. Ein durchaus passender Ort für ein Musikfestival.

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Normalerweise hat die Weltpolitik in meinen Berichten nichts zu suchen – es geht hier ja um wichtigere Dinge. Aber dieses Mal muss sie als Erklärung herhalten, wieso ich erst einmal vor der Tür des Sommertheaters stehe und auf den Einlass warten muss. Der türkische Ministerpräsident, genauer gesagt sein Besuch in Köln, nötigte uns dieses Mal zu einer besonders frühen Anreise – Straßensperren rund um Köln waren angekündigt, und es war angeraten, den Kölner Autobahnring hinter sich zu lassen, bevor die in Gegenrichtung anrückenden Polizeikarawanen uns zu Umwegen zwingen würden. Auch mit Einchecken im Hotel und Mittagessen ist es dann noch vor 13 Uhr, dem angekündigten Einlass. Egal ob man sein Ticket im Voraus bezahlt hat und auf einer Liste abgehakt wird, oder ob man an der „Abendkasse“ bezahlt, man bekommt dafür das obligatorische Bändchen – dieses Jahr in Gelb.

Der Blick ins Foyer trifft dieses Mal auch eine kahle Wand, die wohl für CD-Stände freigehalten war. Bernd Scholls Mellowjet-Label fehlt leider ebenso wie Syngate Records. Der Herbstanfang ist auch die Zeit für die erste Grippewelle, und die hat in beiden Fällen für eine kurzfristige Absage gesorgt. Auch Ron Boots blieb nicht verschont – der Groove-Stand wird heute von seiner Frau Monique alleine betrieben.

Nach Detmold geschafft hat es aber Lambert und bietet an seinem Stand eine breite Palette aktueller Alben und alter Schätzchen. A propos alte „Schätzchen“: Stefan Erbe hat an seinem Stand auch etwas besonderes zu bieten: Es ist noch eine Schachtel alter Erbe-CDs aufgetaucht, darunter einige noch original eingeschweißte Exemplare der „Cosmic Dreamland“, seiner allerersten CD. Andere würden solche längst vergriffenen Raritäten zu Sammlerpreisen feilbieten – bei Stefan sind sie für die gleichen 10 Euro wie seine aktuellen Releases zu haben.

Picture Palace music hat als Haupt-Act natürlich einen eigenen Stand. Neben der „Cargo“ und anderen PPm-Alben liegen auch CDs und LPs anderer Projekte aus, an denen Thorsten Quaeschning beteiligt ist: Diverses von Tangerine Dream, aber auch die „Synthwaves“ ist in diversen Ausführungen erhältlich, darunter zwei Bonus-Tracks auf einer limiterten 10-Zoll-Vinyl-Scheibe.

Überhaupt, Vinyl: auch in der EM-Szene ist das Mini-Revival der analogen Schallplatte nicht zu übersehen. Wird Musik auf der einen Seite durch Downloads und Streaming immer immaterieller, so liefert die große analoge Schallplatte dafür die passende Antithese. Nicht alles, was auf CD vertrieben wird, ist auch wieder auf Vinyl erhältlich, aber ein oder zwei LPs im Portfolio scheinen wieder gängig zu sein. Selbst Stephen Parsick hat eines der neueren [‚ramp]-Alben als Doppel-LP-Album aufgelegt.

Als es um 14 Uhr zum ersten Konzert in den Saal hineingeht, ist die spannende Frage: welche Verkleidung werden Frank und Hans-Herrmann für ihre Ansage ausgewählt haben? Sie treten als Urlauber verkleidet vors Publikum, mit Sonnenhut und Hawaii-Hemden. Die ersten Musiker des Tages kommen nämlich aus südlichen Gefilden, genauer gesagt aus Teneriffa. Während seines Urlaubs hat Hans-Herrmann Javi Canovas und Miguel Justo kennengelernt, die als Audiometria schon seit einigen Jahren unterwegs sind. Für die beiden ist es heute der erste Auftritt in Deutschland, und umgekehrt ist es der erste Act aus Spanien, der im Circus auftritt.

Musikalisch beginnt die Reise an diesem Tag in den 70er-Jahren, denn stilistisch ist Audiometria klar ein „Berliner Schüler“: lange Tracks, getragen von sich nur langsam ändernden Sequenzen. Nun wäre der Circus aber nicht der Circus, wenn er musikalische Kost einfach in der „gewohnten Form“ darreichen würde. Javi Canovas beherrscht auch das freie Piano-Spiel, und so legt er in den ersten beiden Titeln die eine oder andere Jazz-Einlage über die Sequenzen – eine ungewohnte Kombination, die nach dem Konzert auch noch für Diskussionsstoff sorgen wird. Originell und neu ist das aber allemal, und es wird nicht über das ganze Konzert ausgewalzt. Track Nummer drei versöhnt die Anhänger reiner Berliner Schule mit pulsierenden Sequenzen im Rubycon-Stil, die im folgenden Titel schon fast zu einem Disco-Rhythmus mutieren. Am Ende ist das Piano zurück, dieses Mal mit einem melancholisch-nachdenklichen Solo als Kontrast zu den vorhergehenden Stücken. Auch wenn Javi und Miguel sich als etwas aufsässige Schüler präsentiert haben: wir wollen mehr! Die für die Zugabe notwendige Absprache dauert etwas länger als bei den regulären Titeln, und sie mündet in der Ankündigung „Something new, I don’t know what will happen“. Mit der Zugabe kehrt Audiometria stilistisch wieder zum Anfang zurück, zurückgenommene Sequenzen mit Piano-Passagen.

Die folgende Pause dauert etwas länger als geplant; beim Soundcheck für den nächsten Act hat es wohl noch des einen oder anderen Feintunings bedurft. Frank und Hans-Herrmann haben sich diese Mal in grüne Kostüme geschwungen, denn von Spanien geht es nach Irland, auf die grüne Insel. Das Trio „Tiny Magnetic Pets“ kommt aus Dublin und bringt uns zeitlich ein Jahrzehnt nach vorne. 80er-Jahre Synthie-Pop auf einem EM-Festival ist eine feste Rubrik des Electronic Circus, und „Tiny Magnetic Pets“ haben ihre Kompetenz auf diesem Feld dadurch belegt, dass sie bereits als Vorgruppe für OMD unterwegs waren – heute als einer der vier Haupt-Acts in Detmold. Das Bühnen-Setup ist eher minimalistisch: ein paar Keyboards und elektronische Drums, wie sie Anfang der 80er populär wurden.

Im ersten halben Dutzend Tracks liefert das Trio aus Dublin soliden 80er-Jahre Sound, gepaart mit Visuals, die an die Technik dieser Jahre erinnern: Invaders, grob-pixelige Grafiken, und das Senso-Spiel, bei dem man Melodien nachspielen musste. Gerade rechtzeitig, bevor die Sache zu „eingefahren“ wird, kommt die Ansage „This is going to wake you up!“, und eine Dame von der offensichtlich mit angereisten Fankurve wird auf die Bühne geholt. Der Auftritt nimmt spürbar Fahrt auf, und auch wenn die Visuals im Hintergrund in einer Endlosschleife laufen, wird die Sache nicht monoton. Gelegentliche Probleme mit dem Sound auf der Bühne – mal ist das Schlagzeug zu leise, mal hören die Musiker sich auf ihren eigenen Monitoren nicht genug – tun der Stimmung keinen Abbruch. Als Zugabe wird noch einmal „Here Comes the Noise“ gespielt – dafür muss Paula ihre beiden Mit-Musiker erstmal hinter der Bühne wiederfinden.

Act-mäßig ist jetzt Halbzeit, und die etwas größere Pause gestattet einen kurzen Abstecher in die Stadt, wo man sich etwas Essbares besorgen kann. Allzu lange darf das aber nicht dauern, denn für der Pause ist ein Interview mit Thorsten Quaeschning angekündigt, der gerade eingetroffen ist. Genutzt wird dafür die „Interview-Ecke“ von EMpulsiv, Stefan Erbe kümmert sich dieses Mal aber nur darum, dass das Interview für die Nachwelt festgehalten wird. Als Interviewer selber ist Ecki Stieg angereist, den man ansonsten von seiner Radiosendung „Grenzwellen-Radio“ kennt.

Die Einsteigerfrage an Thorsten ist, wie sich seine Arbeit von Tangerine Dream zu der bei Picture Palace music unterscheidet. Auch wenn Edgar Froese vor ein paar Jahren verstorben ist, gelten seine musikalischen Vorgaben bei der Arbeit mit TD nach wie vor, was das Ergebnis von vornherein in gewisse Bahnen lenkt. Bei Picture Palace music ist man dagegen offener und lässt sich überraschen, was am Ende der Arbeit für Ergebnisse stehen. Der Name der Band rührt übrigens daher, dass man alte Stummfilme neu vertonen wollte, und der verschnörkelte Rahmen, in den das Logo der Band gefasst ist, lehnt sich an die Zwischeneinblendungen mit den Texten dieser Filme an. Thorsten erzählt, dass dies auch eine juristische Gratwanderung sein kann, denn die entsprechenden Stiftungen wachen sehr streng darüber, dass das Erbe dieser Filme nicht verfälscht wird. Über die Jahre sind auch Vertonungen aktueller Filme dazugekommen, und „Cargo“, das neueste Werk, wird auch der Hauptteil des heutigen PPm-Konzerts sein. Der Film spielt zum größten Teil in einem Container, und Thorsten ist nächtelang in der Umgebung von Berlin herumgefahren, um den Klang leerer Container aufzunehmen, wo er sich auch ein ums andere Mal an der Grenze der Legalität bewegt hat – am Ende will der Eigentümer des Containers auch noch am Erlös beteiligt werden! Als Ausblick auf das Konzert verspricht er neben „Cargo“ auch noch ein paar neue PPM-Tracks – wir dürften gespannt sein.

Einstweilen spannen wir mit dem dritten Konzert die Brücke von den 80er-Jahren ins Jetzt. „Synthesist“ war Anfang der 80er-Jahre Harald Grosskopfs erstes Solo-Album und gilt als einer der ganz großen Klassiker der elektronischen Musik. „Soweit, sogut“ wurde ja jahrelang von Winfrid Trenkler als Titelmelodie für seine Radiosendung genutzt. Über 30 Jahre später hat sich Harald an eine Neuauflage dieses Albums getraut: „Synthesist Reloaded“ ist die Überschrift des ersten Abendkonzerts. Frank und Hans-Herrmann haben sich für die Ansage silbern geschminkt, ganz wie Harald damals auf dem Cover des Original-Albums. Ihr Vorteil heute: sie müssen die Schminke nur kurz für dieses Konzert im Gesicht lassen, Harald durfte dermaßen „versilbert“ einen halben Tag herumlaufen, bis die Fotos im Kasten waren.

Harald selber kommt aber heute ganz ungeschminkt auf die Bühne. Bei seinen Auftritten geht es üblicherweise heiß her, irgendwelche Schminke würde ihm früher oder später aus dem Gesicht laufen. Bevor es losgeht, nimmt Harald sich die Zeit, an den kürzlich verstorbenen Udo Hanten zu erinnern, denn ohne Udo hätte es „Synthesist“ nie gegeben. Harald war bis zu diesen Zeitpunkt ein reiner Schlagzeuger, zum Beispiel mit Klaus Schulze zusammen. Erst Udo hat ihm auch die Keyboards „schmackhaft“ gemacht und ihn zu Soloalben motiviert. Die EM-Szene hat mit Udo einen großen Künstler verloren.

Der neu geladene Synthesist muss sich noch etwas gedulden, Harald möchte zusammen mit Andreas Kolinski, der ihn heute begleiten und unterstützen wird, noch etwas neues ausprobieren. Der Titel hat noch keinen Namen, er ist noch nicht fertig und es die beiden wissen selber noch nicht, wie er dieses Mal gelingen wird. Klassisches Schlagzeug ist nicht dabei, aber doch reichlich harte und dunkle Beats – manchmal scheint Harald selber von dem überrascht, was dabei herauskommt. Stellenweise erinnert es mich an das, was er auf der „Krautwerk“ mit Eberhard Kranemann gemacht hat, dann wieder entfaltet es seine ganz eigenen, komplexen und dichten Klangstrukturen.

Nach gut zehn Minuten ist diese halbe Impro-Session vorbei, und auch wenn jetzt endlich „Synthesist“ angesagt ist, hat das Intro doch die Richtung vorgegeben. Es ist eben kein „Synthesist Remastered“, was jetzt kommt, sondern ein „Synthesist Reloaded“, der wirklich gänzlich anders klingt. Man hört natürlich die Melodien von „Soweit, sogut“ und dem Titel-Track noch heraus, aber ansonsten ist das komplett andere Musik – 300 Prozent wuchtiger und mächtiger. Das wird nicht jedem im Publikum gefallen, der den eher melodischen Synthesist kennen und schätzen gelernt hat. Aber Harald und Andreas auf der Bühne haben sichtlich ihren Spaß an der Sache. Besonders das Minenspiel von Harald und wie er „mitgroovt“, ist einmalig. Da ist offensichtlich jemand voll und ganz im Tunnel, und es dauert auch nicht lange, bis der Schlagzeuger in ihm durchkommt. Die Drums sind heute zwar nur als „kleines Besteck“ vorhanden, aber auch auf so einem keinen Pad wirbelt Harald mit den Fingerspitzen so herum, als wäre es ein großes Set – so sieht absolute Hingabe aus. Und ist das Eis erstmal gebrochen, das wird auch schon mal eine Sequenz mit der Hand gespielt. Egal ob das jetzt noch „Synthesist“ ist oder etwas ganz anderes, das Publikum haben Harald und Andreas mit dieser mitreißenden Performance für sich gewonnen. Rhythmischer Beifall fordert eine Zugabe, alleine: die beiden sind „out of music“ … was nun? Sie fangen einfach noch einmal von vorne an, mit dem noch namenlosen neuen Titel, der sowieso jedes Mal anders klingt. Die Länge ist wohl auch variabel, dieses Mal kommt er mir bald doppelt so lang vor wie vorhin als Einsteiger. Dass damit nach Umarmung und Verbeugung der Zeitplan fürs folgende Konzert vorne und hinten nicht mehr stimmt – was soll es. Wer würde einen Künstler, der so in seiner Musik aufgeht, unterbrechen wollen?

In der folgenden Pause macht Ecki dann auch noch ein kleines Interview mit Harald und Andreas. Wie die beiden sich ergänzen? Naja, der eine hat eher wenig Ahnung von der Technik, und der andere bewundert das Musikgefühl des anderen. Also wirft man das in die Waagschale, was man gut kann, und das Ergebnis konnte man eben live hören – ein komplett renovierter und ins einundzwanzigste Jahrhundert katapultierter „Synthesist“. An den wird der eine oder andere sich vielleicht noch gewöhnen müssen. Aber hier zeigt sich wieder einmal der Mut der Circus-Organisatoren, die Hörer auch einmal mit ungewohnten Wegen zu verwirren oder zu überraschen.

Die Aufmerksamkeit in dieser letzten Pause müssen sich Harald und Andreas allerdings teilen: Gegenüber spielt Ansgar Stock, gerade einmal neun Jahre alt und die Überraschung der Scheunenparty, einige Live-Sets mit seinem Vater. Die Plätze, um gute Fotos zum machen, sind hier genauso heiß begehrt wie an der Interview-Ecke.

Zu vorgerückter Stunde (Ansgar hat heute länger aufbleiben dürfen!) ist es dann endlich soweit für das letzte Konzert und den Höhepunkt des Abends: Keine besondere Verkleidung, Frank und Hans-Herrmann haben sich in das Gala-Kostüm des Zirkus-Direktors geschwungen. Während sie ihre Ansage machen, ist die Bühne noch leer – nur das unverkennbare Profil von Thorsten Quaeschning geistert ein paar Male als Schattenwurf über die Leinwand.

Als die Musiker dann auf die Bühne kommen, wird es richtig voll. Dass Picture Palace music üblicherweise in großer Besetzung auftreten, ist bekannt – es gab schon einmal Auftritte mit drei Drummern. Heute ist nur einer da, dafür im Vordergrund als absolutes Novum ein Streicherquartett mit Cello, Bratsche und zweimal Geige. Einen der vier Plätze nimmt Hoshiko Yamane ein, die mit „Threads“ gerade ein Solo-Album vorgelegt hat.

Der erste Teil des Konzerts ist – wie Thorsten schon angekündigt hatte – der komplette Soundtrack zu „Cargo“, und als visuelle Untermalung läuft dazu der komplette Film. In „Cargo“ geht es um einen erfolgreichen Geschäftsmann, der eines Tages alleine in einem Container wieder aufwacht, neben sich nur ein Telefon. Über dieses Telefon meldet sich der „Kerkermeister“ und fängt an, Anweisungen zu geben. Die Szenerie erinnert an die Filme der „Saw“-Reihe, wobei hier mehr mit psychischer als physischer Gewalt gearbeitet wird – die einzige Szene, in der Blut fließt, ist die, in der das Opfer sich selber einen Zahn ziehen muss. Ansonsten ist der Terror subtiler. Die Musik zu so einem Film weicht natürlich von der elektronischen Rockmusik ab, die man ansonsten von PPm klingt. Der Soundtrack ist ruppiger, monotoner und viel düsterer. Das verfehlt zusammen mit den Bildern seine Wirkung nicht: Im Saal (der zu den Abendkonzerten noch etwas voller ist als am Nachmittag) ist es still, gebannte Aufmerksamkeit im Publikum, und auch die sonst vor der Bühne herumlaufenden Fotografen halten sich zurück. Thorsten hatte bereits im Interview gewarnt, dass empfindlichere Naturen ab und zu einfach wegsehen sollten.

„Cargo“ hat eine Spielzeit von knapp 80 Minuten, und es dauert eine halbe Stunde, bis das Streicherquartett zum Einsatz kommt. Zu diesem Zeitpunkt steuert der Film auf den Höhepunkt zu: Das Opfer dreht immer weiter durch, bis es das Telefon in die Ecke schleudert. Die Tür geht auf und Licht fällt in den Container, zugleich zeigen rote Punkte von Zielfernrohren auf das Opfer. Ob es überlebt oder nicht, das lässt der Film offen.

„Cargo“ ist zu Ende, aber wie Thorsten versprochen hatte, „Wir spielen weiter“. Er stellt kurz alle Beteiligten auf der Bühne vor, und gibt damit den Fotografen die Zeit, die SD-Karte zu wechseln, wie er schmunzelnd hinzufügt. Der folgende Teil ist mit einer Reihe neuer PPm-Tracks gefüllt, die allesamt noch keine Namen haben – und Visuals übrigens auch noch nicht, die Leinwand bleibt dunkel. Für PPm-Verhältnisse kommen diese fast sanft daher, vielleicht als Ausgleich zu dem, was wir vorher mit „Cargo“ durchlebt haben. Thorsten geht übrigens den ganzen Abend mit der Lautstärke nicht so hoch, wie man es sonst kennt. Frank und Hans-Herrmann hatten vor dem Konzert daran erinnert, dass PPm bei ihrem ersten Auftritt auf dem Circus eine Box gekillt hatten – so ein Unfall bleibt heute aus. Auch sollten die Streicher mit ihrer gegebenen Lautstärke nicht untergehen. Einmal macht Thorsten sich sogar den Spaß, die Elektronik komplett herunterzufahren und das Quartett eine Weile alleine spielen zu lassen.

Eigentlich ist die geplante Endzeit von 22.45 Uhr schon überschritten, aber es soll noch ein dritter Block mit bekannten PPm-Titeln kommen. „Hans-Herrmann, Deine Entscheidung!“ ruft Thorsten von der Bühne, ein klares „Nein, mach weiter“ ist die Antwort. Wer weiter durchhält, bekommt jetzt wieder PPm-Musik mit Visuals. Ein gutes halbes Dutzend Klassiker wie „Sleepwalking Marathon“, dann ist der Konzert-Marathon geschafft.

Bald zweieinhalb Stunden hat dieses letzte Konzert gedauert, und es ist bereits nach Mitternacht. Frank Gerber bleibt nicht viel mehr, als die Gäste in die Nacht und auf den Heimweg zu verabschieden, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass es mit dem Circus selbstverständlich weitergehen wird. Das Konzept wird das gleiche bleiben: Abwechslung und etwas Neues ausprobieren. Dass man sich auf diese Weise gleichermaßen zwischen alle Stühle setzt und keinem der Gäste alles gefallen haben wird, das ist gewollt und wird so bleiben. Dieser Tag hat uns von den 70ern bis in die Jetzt-Zeit gebracht, nicht ohne den einen oder anderen abseitigen Blick. Den Organisatoren des Circus gebührt Respekt dafür, ein solches Konzept, das nicht ohne Risiko ist, seit diversen Jahren durchzuziehen. Nächsten Herbst wieder in Detmold? Auf jeden Fall!

Alfred Arnold

Fotos: Alfred Arnold & Stefan Schulz

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