Superbooth 2019 in Berlin mit kurzem Bericht und Fotos
Auch in diesem Jahr war der EC wieder auf der „Superbooth“ in Berlin. Von Donnerstag bis Sonntag erlebten wir ereignisreiche Tage auf dem Gelände des FEZ in Berlin-Köpenick.
Wir hatten 4 anstrengende, aber sehr intensive und nachhaltige Tage in Berlin. Wir trafen viele Künstler, sahen höchst interessante Konzerte und führten sehr gute Gespräche.
Michael Menze (ehemals ROLAND) wird mit seiner neuen Firma TOMESO/ARTURIA mit einem großen Stand auf dem EC 2019 vertreten sein, worauf wir uns sehr freuen.
Hier ein weiteres Modell aus dem Hause Arturia.
Gerhard Mayrhofer (= SYNTH-WERK) wird ebenfalls zum ersten Mal mit einem Stand auf dem EC 2019 vertreten sein. Warum das ferner aus gutem Grund geschieht, dazu später mehr.
Gerhard erzählte uns ausgiebig von der Firmenhistorie und dass er schon für Hans Zimmer tätig war. Nach wie vor sind Modular Systeme in der Elektronik ein großes Thema.
Ein nettes Erinnerungsfoto mit Lutz, Philippe Fagnoni (= AstroVoyager) aus Frankreich, Thorsten Quaeschning (der auf der SUPERBOOTH einige Konzerte, u.a. mit Kebu und auch Paul Frick, gegeben hatte) und Glenn Main (der zuletzt auch einen Titel von Philippe Fagnoni auf dessen Album „big bang“ (2005/2017) remixed hatte und auf unserer Gartenparty im Juli sein neues Album „Back 2 Basics“ präsentieren wird.
Ein Foto mit Glenn und Torsten Abel
Wir beide freuen uns auf die Gartenparty 2019 !!!
Peter Pichler, du spielst hier wahrscheinlich nicht auf dem Original von Oskar Sala?
(lacht) Nein, ich spiele auf einem Nachbau von Oskar Salas Konzerttrautonium, welches im Original im Deutschen Museum in München steht. Da ich praktischerweise auch selbst da wohne, war es nicht besonders schwierig, es genau zu vermessen.
Das Konzert von Peter Pichler am Samstag Abend war für uns der Höhepunkt der diesjährigen SUPERBOOTH. Ein fantastisches 75 minütiges Konzert, das einen Rückblick auf das Entstehen elektronischer Musik in Deutschland und die ersten Instrumente gab. Das Trautonium (Peter hat eines im Original von 1922/23, ein weiteres – siehe Foto oben – wurde nachgebaut) wurde seinerzeit erstmals von Paul Hindemith vorgestellt und gespielt. Dabei wurden s/w Filmausschnitte aus den Konzerten und Präsentationen von damals gezeigt.
Der Höhepunkt war sicher der halbstündige Dokumentarfilm der NASA über die Reise zum Mond 1969. Dabei vertonte seinerzeit u.a. Oskar Sala diese bislang ungezeigten Filmdokumente. Man verzichtete dabei auf sämtliche Gespräche der Astronauten, was dazu führte, dass die NASA diesen Film letztendlich nicht frei gab und im Archiv einbehielt, weil ihnen die Musik zu fremdartig und unpassend erschien.
Uns und viele weitere Zuschauer im Auditorium – der Saal war sehr gut gefüllt – hat aber dieser vertonte Film vollends umgehauen.
Falls die Möglichkeit besteht, werden wir in naher Zukunft mit Peter Pichler Kontakt aufnehmen und diese auch kulturell und wissenschaftlich herausragende Performance möglicherweise auch bei uns aufführen können. Es lohnt sich auf jeden Fall !
Hier noch Ausschnitte aus einem Interview aus der Keyboards 2017:
Du hast es selbst nachgebaut?
Nein, darum hat sich die Firma Trautoniks von Jürgen Hiller gekümmert. Durch die Restauration einiger dieser seltenen Instrumente hat er sich das Know-how erarbeitet, exakte Kopien der Originale bauen zu können. Inzwischen vertreibt er die Instrumente auch in verschiedenen Modellvarianten. Das Mixturtrautonium stellt dabei immer noch die Meisterklasse dar.
Die bei meinem Modell verwendeten Knöpfe sind im Übrigen eine Spezialanfertigung nach dem Vorbild von Salas Trautonium. Da muss ich immer wieder Überzeugungsarbeit leisten, da Hiller das Instrument als Techniker baut. Für mich als Musiker sind diese Knöpfe aber wirklich essenziell − die fassen sich einfach anders an als Standardknöpfe, und genau so und nicht anders brauche ich das.
Beschreibe uns doch bitte einmal das Funktionsprinzip des Trautoniums.
Das Prinzip ist eigentlich ganz einfach: Wir haben eine Saite und unter der Saite eine Metallschiene. Wenn ich nun die Saite auf die Metallschiene drücke, schließt sich ein Stromkreis und ein Ton entsteht. So kann ich z. B. auch ganz einfach Glissandi machen. Das ist die eigentliche Idee. Dazu kann ich die Dynamik über den Druck auf die Schiene variieren – bei mir funktioniert das am oberen Manual über einen Glyzerintopf, früher gab es das auch mit einem Kohlefaserdruckwiderstand, den benutze ich am unteren Manual.
Bei dem Konzert- oder Mixturtrautonium ist noch ganz wichtig zu erwähnen, dass wir einen Subharmonischen-Generator haben, der es mir ermöglicht, pro Manual noch einmal drei Töne hinzuzuschalten. Das sind quasi die Obertöne, nur gespiegelt, allerdings nicht in gewohnter wohltemperierter Stimmung, weshalb es immer ein bisschen falsch klingt. Genau das ist aber der eigentliche Reiz des Klangs. Wenn man mit anderen Instrumenten zusammenspielt, muss man das etwas vertuschen, durch pizzicato zum Beispiel. Diese Spannung und die Reibung, das ist wirklich krass.
Die bis zu vier für jedes der Manuale einstellbaren subharmonischen Töne kann ich dann noch mit einem Fußpedal oder in der langsameren Variante per Hand hin und her schalten. Das Fußpedal gebrauche ich bei den klassischen Stücken, da es da um Geschwindigkeit geht. Bei Filmmusik, wo ich mehr Zeit habe, ist es eigentlich mit der Hand bequemer.
Die Obere Sektion erinnert an ein Modularsystem. Was kann man hier alles einstellen?
Für jeden Ton und Unterton kann ich hier einzeln das Filter verändern. Das war das eigentlich neue damals. Außerdem habe ich noch das integrierte Schlagwerk für perkussive Sounds.
Ich muss das alles vorher einstellen, weil es eben analog ist, und dann auch während des Spielens umstellen. Inzwischen bin ich sehr, sehr schnell geworden, und es klappt alles recht flüssig. Für den Film nutze ich trotzdem noch eine Doepferschiene für Effekte und einen Looper, sonst geht das einfach nicht.
Während der Filmvorführung erklingt das Trautonium in seinem vollen Klangspektrum, und ich bin überrascht, wie warm und wenig synthetisch besonders die subharmonischen Sounds klingen. Um ehrlich zu sein, ist das Gerät noch heute vielen Synthesizern in puncto Klangtiefe um Lichtjahre voraus, damals sowieso. Der Unterschied zum Doepfer A100-System, welches Pichler gerne ergänzend nutzt, ist mehr als deutlich zu hören. Es klingt im direkten Vergleich um einiges härter und »synthetischer«.
Vor Kurzem hat Pichler mit dem Trautonium eine CD mit eigenen Stücken aufgenommen, die bald erscheinen wird. Auf die Frage, was da genau zu hören sein wird, antwortet er: »Das ist die Musik, die die Jungs von Kraftwerk gehört haben, bevor sie dann ihre eigene produzierten«.
Noch kurz zur Geschichte:
Peter Pichlers „Volkstrautonien“
Das Trautonium, benannt nach seinem Erfinder, Friedrich Trautwein (1888 – 1956), ist als elektronisches Musikinstrument ein Vorläufer der heutigen Synthesizer. Das Trautonium wurde auf dem Berliner Fest „Neue Musik“ 1930 erstmals öffentlich vorgeführt.
Das Trautonium beruht auf folgende Konstruktion:
Über eine lange Metallschiene ist ein Widerstandsdraht gespannt. An diesem Draht sind die Glimmlampe und eine Röhre angeschlossen. Die Stelle, an welcher der Widerstandsdraht die Schiene beim Spielen berührt, bestimmt die Frequenz der Kippschwingung und damit die Tonhöhe. Es wurde eine kleine Serie (200 Stück) Trautonien für Hausmusik von Telefunken gebaut, bekannt geworden als „Volkstrautonium“. Aufgrund des für damalige Verhältnisse stolzen Preises und der Weltwirtschaftskrise war es kein Markterfolg und wurde nicht fortgesetzt.
Das Trautonium, das Sala noch vor Kriegsausbruch („Rundfunktrautonium“ und „Konzerttrautonium“) und später als „Mixturtrautonium“ weiterentwickelte, beruht auf der subharmonischen Tonreihe. Die Kombination von mehreren subharmonischen Tönen wird als Mixtur bezeichnet. Diese wirken wie ein Mehrklang.
Auf diesem Gerät ist die Untertonreihe, die nur in klingenden Platten und Glocken natürlich ertönt, realisierbar. Es erlaubt viele Variationen der Klangfarbensynthese- Abklingvorrichtung, Rauschgenerator und Frequenzumsetzer ermöglichen feinste Nuancierungen.
Der Frequenzumsetzer, der ein externes Gerät ist und eine Eigenkonstruktion Oskar Salas auf Röhrenbasis befindet sich heute zusammen mit Salas gesamtem Nachlass im Deutschen Museum in München. Da Oskar Sala keine Schüler unterrichtete ist Peter Pichler heute einer der ganz wenigen Virtuosen auf diesem Instrument.
Mit dem Einsatz für die Filmmusik zu Alfred Hitchcocks „Die Vögel“ erlangte das Instrument Bekanntheit über die Musikszene hinaus.
Seit 2010 beschäftigt sich die Firma „Trautoniks“ mit dem Bau von Trautonien, in einfachen und aufwändigeren Ausführungen in den historischen Gehäusen. Auf der Frankfurter Musikmesse 2012 stellte sie zum ersten Mal ihre Produkte aus. Sie schafft mit ihren Aktivitäten einen wichtigen Beitrag zur Popularisierung des Instruments.
Peter Pichler an seinem Mixturtrautonium
Wir sehen uns auf der SUPERBOOTH 2020 in Berlin wieder !!!!